Als begeisterte Camper mit vier Kindern sind wir viele Jahre nach Norwegen gefahren, wo wir unserem Hobby, dem Fischen, nachgingen. Uns war es dabei immer wichtig, abgelegene Plätze, fernab des Städtetrubels zu finden. Auf unseren Reisen stellten sich mein Mann Ernst und ich uns immer öfter die Frage, ob wir wohl schon so verweichlicht wären, dass wir Fernsehen, Telefon, und Supermärkte in ständiger Nähe brauchen.

Durch einen Artikel in einer Fischereizeitschrift wurden wir auf Alaska aufmerksam und dachten uns, das wäre genau das Richtige, um uns dieser Frage zu stellen. Also buchten wir bei einem Reiseveranstalter einen 14-tägigen Floattrip.

Bei einem Floattrip wird eine Gruppe mit Verpflegung und Ausrüstung mittels Wasserflieger in die absolute Wildnis ausgesetzt. Man muss sich dann auf eigene Faust bis zum vereinbarten Endpunkt durchschlagen – genauso stellten wir uns unsere selbst auferlegte „Prüfung“ vor.

Im Sommer 1996 begann unser erstes Alaska-Abenteuer. Ohne darüber informiert worden zu sein, was wir an Equipment benötigen werden, kauften wir alles noch in Österreich und packten unsere Aluboxen und Koffer. Ende Juli starteten wir mit dem Flieger von Wien über Frankfurt nach Anchorage.

Bei der Ankunft in Anchorage gleich der erste Schreck. Unser Gepäck ging unterwegs „verloren“ und so standen wir, ratlos und nur mit den Klamotten, die wir am Leib trugen, vor dem Ted Steven Airport in Anchorage. Es dauerte nicht lange, bis uns unser Reiseleiter begrüßte und da lernten wir auch die anderen unserer Gruppe kennen. Diese bestand nun aus 4 Männern und mir.

Während die Männer für eine Nacht Quartier in einem Hotel bezogen und sich ausschlafen konnten, zog ich los zu Fred Meyers, einem 24h-Supermarkt, und kaufte mit der Hilfe von drei Angestellten, jeder Einzelne von uns einen Wagen vor sich herschiebend, alles Nötige neu ein. Das war eine kurze Nacht für mich.

Am nächsten Morgen wurden wir zum Lake Hood, dem größten Wasserflughafen der Welt, gebracht, wo schon unser Pilot Jimmy auf uns wartete. Nachdem wir das Flugzeug gesehen hatten, konnten wir nicht recht glauben, dass da all unser Gepäck und natürlich auch wir Platz finden würden. Aber Jimmy, an Gepäckmassen gewöhnt, war ein Packgenie.

Von Anchorage flogen wir ca. 1 ½ Stunden über unberührte Wildnis. Soweit das Auge reicht, sieht man nur Tundra, Flüsse, Seen, keine Menschen, aber immer mal wieder die Wildtiere Alaskas. Was für ein atemberaubender Einstieg in unser Abenteuer! Greenhorns, die wir waren, flogen wir in Jeans und mussten nach einer spektakulären Landung auf einem See erstmal durchs Wasser an Land waten, Gott sei Dank schien die Sonne.

Ohne Satellitentelefon oder Kompass bekommen zu haben, verabschiedete sich Jimmy mit einem „Good Luck“ und überließ uns unserem Schicksal. Nachdem wir unser Boot aufgepumpt, es mit ca. 350kg Gepäck beladen und unsere Wathosen sowie Schwimmwesten angelegt hatten, ruderten wir über den See zum Einstieg des Talachulitna River. Bedingt durch Niedrigwasser mussten wir unser Boot erstmal zwei Tagen lang abschleppen.

Nach den Strapazen der ersten Tage wurden wir endlich belohnt. Bei bestem Wetter glitten wir lautlos flussabwärts. Spätestens zu diesem Zeitpunkt haben wir bemerkt, wie wundervoll unser Planet sein kann, wenn der Mensch seine Hand nicht im Spiel hat. Seite an Seite leben hier Moose, Bär, Biber, Adler und viele weitere Tierarten im Einklang der Natur. Vor allem sind uns die majestätischen Weißkopfadler aufgefallen, die uns aus ihren Nestern beobachteten.

Ihrem scharfen Blick entging keine unserer Drills und auch die immer hungrigen Bären beobachteten uns zunächst aus ihren Verstecken.

Die Suche nach geeigneten Sandbänken gestaltete sich stets als besonders spannend. Nach der Landung suchten wir nach Bärenspuren und sobald auch nur eine Tatze gefunden wurde, fuhren wir weiter. Wenn wir eine geeignete Stelle fanden, wurde das Lager aufgebaut. Der Aufbau ereignete sich in etwa so: Nach Ankunft und Inspektion wurde Feuerholz gesammelt, um ein ordentliches Lagerfeuer zu machen. Beim Feuer befand sich auch die Kochstelle. Unsere Schlafzelte mussten einen Mindestabstand von ca. 70-80 Metern zu den Lebensmitteln und der Kochstelle betragen. Auch in den Schlafzelten war alles verboten, was nach Essen oder auch Fisch roch, schließlich wollten wir nicht als Bären-Snack enden.

Untertags wurde gefischt, gelesen, gekocht und manchmal saßen wir auch unter unserem Kochzelt und warteten den vorbeiziehenden Regen ab. Die Zubereitung unserer frisch-gefangenen Lachse fiel unserem Superguide Hubert zu. Zum Glück hatten wir noch andere Lebensmittel mit, da wir auch schon mal Schneider blieben. Alle Tage ließen wir mit Bier und Angelgeschichten am Lagerfeuer ausklingen. Was für ein Leben!

Unsere erste direkte Bärenbegegnung hatten wir am Zusammenfluss zweier Gewässer, der sogenannten „Fork“. Dort trafen wir auf eine zweite Gruppe Floater, einige Herren aus Norwegen, die es mit der Koch- und Schlafplatztrennung nicht so ernst nahmen. Zwei Schwarzbären inspizierten neugierig unsere Lager und nahmen den Geruch der frischen Lachsfilets auf, welche die Norweger in einem Plastiksack vor ihrem Schlafzelt lagerten. Bären können Nahrung über mehrere Kilometer riechen und so trieb es sie immer näher zu uns. Hubert versuchte sie mit zwei Luftschüssen unserer Pumpgun zu verscheuchen und sie erschraken. Einer der Bären hatte sich zuvor den Sack mit den Filets geschnappt und sprang auf eine Böschung. Dabei riss der Sack und ein Filet fiel zu Boden. Der Bär genoss sein geklautes Mahl und ließ es sich nicht nehmen, auch noch das verlorene Filet zu stibitzen. Mit einem gemischten Gefühl aus Faszination und Ehrfurcht ließen wir die Fork am nächsten Morgen zurück. So vergingen die Tage.

Leider kam der Pick-Up Point für uns viel zu früh und wir mussten unserem Fluss Bye-Bye sagen. Zurück in Österreich schwärmten wir von unserem Alaska und dem Experiment Wildnis. The Last Frontier, wie Alaska auch genannt wird, hatte uns in seinen Bann genommen und nur vierzehn Tage später bestiegen wir erneut ein Flugzeug gen Alaska, um ein weiteres Abenteuer zu erleben.

Fortsetzung folgt….